Keschde


*Esskastanien*Maronen*Edelkastanien*



Esskastanien, Maronen oder aber „Keschde“ für die alten Leute auf dem Dorf. So hießen sie auch für meine Oma. Ach, wie wir am Waldrand auf der Wiese glänzende, rotbraune Früchte in Tüten sammelten. Zuhause wurde eine große Herdplatte – es gab kein Cerankochfeld – heißgemacht. Maronen draufgelegt und dann Achtung!

Zuerst zischte es, kleine Bläschen sprudelten aus frischen Rissen in der Schale, dann roch es unvergleichlich süß verbrannt. Die Kastanien bekamen schwarze Stellen und begannen zu springen, dass war das das Zeichen! Wir pulten sie einfach mit der Hand, zuerst die feste Außenschale weg, dann die innere spröde Haut. Ich erinnere mich auch noch gut an den bitteren Nachgeschmack, wenn es schnell gehen musste und die Haut dranbleiben durfte.

Die Esskastanie (Castanea sativa) ist ein Baum, der zur Familie der Buchengewächse gehört und die gleichnamigen, geschätzten Früchte hervorbringt. In unserer Region wachsen viele der bis zu dreißig Meter hohen Bäume am Waldrand oder mittendrin auf größeren Flächen.

Die Kastanienzeit beginnt bei uns meistens Mitte Oktober und dauert drei bis vier Wochen. Die Ernte ist jedes Jahr anders. Anfangs habe ich mir gemerkt, welcher Baum die dicksten Früchte trug. Bis sich gezeigt hat, dass sie in der nächsten Saison auch klein sein konnten. Macht nichts, der Geschmack ist davon unabhängig. Es schmeckt von jedem Baum anders, findet meine Familie. Manchmal sind gerade die kleinen, matt braunen die süßesten Kastanien und nicht die riesigen rot glänzenden.

Sie dürfen alle mitkommen!


Vorsicht: Rosskastanien vertragen wir Menschen nicht. Sie fallen oft in Parks oder Biergärten von den Bäumen. Die Gewöhnliche Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) ist nicht mit der Esskastanie verwandt und enthält Bitterstoffe, die sie für uns ungenießbar machen. Früher dienten sie als Tierfutter und zu Kriegszeiten gewann man Öl und Mehl aus ihnen.




Frisch und für den Vorrat

Mit der Esskastanie haben wir etwas sehr vielseitiges gesammelt! Sie ist frisch ein Genuss, süß und sättigend. Auch in der Vorratskammer und in der Gefriertruhe hat sie einen Platz, um uns lange Freude zu bereiten.

Um die „Keschde“ genießen zu können, müssen sie unbedingt gut gelagert werden. Zuhause lege ich ein einfaches Tuch in ein luftiges Sieb oder eine flache Schale, so bewahre ich sie für maximal vier bis fünf Tage auf. Im Vorbeigehen wende ich sie mehrmals täglich mit der Hand, denn sie werden schnell schimmlig bei mangelnder Belüftung. Mit der Haltbarkeit ist es nicht so weit her! Es ist deshalb ratsam, nicht zu große Mengen auf einmal zu sammeln, denn die Verarbeitung ist meist zeitintensiv.

Von den Maden des Esskastanienbohrers (Curculio elephas) werden sie ebenfalls geschätzt und sind von diesen üblicherweise stark befallen. Damit die Küche ein wurmfreier Ort bleibt, unbedingt alle löchrigen Früchte schnell aussortieren.


Für den frischen Genuss werden die Kastanien auf einer Seite kreuzweise mit einem gezahnten Messer eingeschnitten (die Schale und die Haut werden durchtrennt, nicht zu tief). Wollen wir gemütlich drinnen bei einer Tasse Tee sitzen, kommt eine Handvoll für acht Minuten ins kochende Wasser. Keine große Portion, kalt sind sie nix! Dann unbedingt gut schälen, mit der Hand oder einem kleinen Messer kann das jedes Kind.

Bei der Draußen-Variante sind die Vorbereitungen, die Garzeit und das Schälen (geht leichter, die Schale ist brüchiger) fast gleich. Aber es ist viel spannender, denn wir haben Feuer! Und hoffentlich eine gute Glut. Ein Pizzablech für den Grill mit kleinen runden Löchern und langem Griff hat sich bewährt. Zwischendurch rütteln, damit nichts verbrennt.

Stellt euch vor es ist Abend, die Kinder halten noch Stockbrot drüber, es gibt Glühwein und Kinderpunsch. Dazu geröstete Kastanien. Schon haben wir die perfekte Stimmung für einen Abend mit Familie und Freunden. So schmecken sie uns jedenfalls sehr gut, wie beim Maroni-Mann in Italien auf dem Weihnachtsmarkt.


Im Vorrat habe ich Kastanien sowohl getrocknet als auch eingefroren.

Möchte ich sie durch Trocknung haltbar machen, koche und schäle ich die Früchte, um sie anschließend zu dörren. Sie werden dadurch steinhart und schimmeln garantiert nicht mehr. In dieser Form lagern sie in einem großen Bügelglas luftdicht verschlossen. Gemahlen in einer einfachen Handmühle für Kaffee (Keramikmahlwerk), werden diese Schätze zu pudrig-gelbem Mehl das duftet. Falls du noch kein Kastanienmehl kennst, dann lass dich bitte überreden: probier es im nächsten Herbst aus, die Mühe lohnt sich!

Zwei Varianten an eingefrorenen Maronen haben sich bewährt. Zum einen sind das roh und eingeritzt eingefrorene (jederzeit schnell im Kochtopf und auf dem Lagerfeuer), zum anderen gekocht und geschälte. Letztere dienen zur Herstellung von Crème de Marrons, die wirklich nur eine sehr entfernte Ähnlichkeit mit Nutella hat, ein fast schon edles Produkt. Im vorgegarten Zustand sind die Kastanien leicht zu karamellisieren und eine besondere Beilage zu festlichen Anlässen.

„Bon appetit“



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